Lieder 8

3 Gedichte op. 29, Titelseite der Originalausgabe, Handexemplar Schumanns, D-Zsch; Archiv-Nr.: 4501,4–D1/A4

Band 8: 3 Gedichte von Emanuel Geibel für mehrstimmigen Gesang mit Begleitung des Pianoforte op. 29; Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte op. 34; Drei zweistimmige Lieder mit Begleitung des Pianoforte op. 43; Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte op. 78; Mädchenlieder von Elisabeth Kulmann für zwei Sopran-Stimmen (oder Sopran und Alt) mit Begleitung des Pianoforte op. 103; Drei Lieder für drei Frauenstimmen mit Begleitung des Pianoforte op. 114; Sommerruh WoO 7; Mailied Anhang M13; Liedchen von Marie und Papa Anhang M14; herausgegeben von Birgit Spörl und Armin Koch

 

Aus der Einleitung:

Dieser Band der Neuen Ausgabe sämtlicher Werke Robert Schumanns vereint die Opera mit Kompositionen für zwei oder drei einzelne Singstimmen mit Klavierbegleitung (zur Ausnahme op. 29/3 siehe unten). Es handelt sich um insgesamt sechs von Schumann veröffentlichte Opera mit jeweils drei oder vier einzelnen Stücken (opp. 29, 34, 43, 78, 103 und 114). Hinzu kommen drei Duette, die als Gelegenheitskompositionen ohne Werkzusammenhang entstanden. Von ihnen wurde nur Sommerruh WoO 7 zu Schumanns Lebzeiten veröffentlicht. Bei den beiden anderen handelt es sich um unbegleitete Duette aus dem bzw. für den Familienkreis: Mailied Anhang M13 sowie Liedchen von Marie und Papa Anhang M14. Diese beruhen auf Texten der Tochter Marie Schumann und entstanden in der Düsseldorfer Zeit in den Jahren 1851 bzw. 1852.
In den vorgelegten Kompositionen nutzt Schumann die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der zwei oder drei Singstimmen in gleicher oder unterschiedlicher Lage: Dazu zählen eher schlicht anmutender gemeinschaftlich deklamierender Gesang, kunstvoller wirkende und die Vertonungen intensivierende Imitatorik bis hin zur kanonischen Anlage (op. 114/3) sowie unterschiedliche Formen des Dialogs, sowohl den einträchtigen als auch den widersprechenden mit Stimmungsumschwüngen. Besondere Wirkung entfaltet sich in jenen Kompositionen, für die Schumann in der Vorlage nacheinander, getrennt notierte Gedichte oder Gedichtabschnitte direkt kombiniert (z. B. op. 34/2 oder op. 78/2).

Drei der sechs Opera entstanden in der zweiten Hälfte des sogenannten Liederjahrs 1840 in Leipzig: 3 Gedichte von Emanuel Geibel für mehrstimmigen Gesang mit Begleitung des Pianoforte op. 29, Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte op. 34 sowie Drei zweistimmige Lieder mit Begleitung des Pianoforte op. 43. Die Opera 29 und 34 wurden noch im gleichen Jahr von Breitkopf & Härtel bzw. C. A. Klemm in Leipzig zur Veröffentlichung angenommen und erschienen bereits um den Jahreswechsel bzw. Anfang 1841, also gerade ein halbes Jahr nach Kompositionsbeginn. Auch das spätere op. 43 offerierte Schumann noch 1840 Friedrich Kistner zum Verlag, doch nahm dieser das Werk nicht an. Wann und wie genau die Ablehnung erfolgte, ist nicht bekannt, vermutlich wurde dies persönlich besprochen. Erst rund eineinhalb Jahre später bot Schumann das Werk dem Verlag Simrock in Bonn an, der es umgehend akzeptierte. Aus unbekannten Gründen schickte der Komponist die Stichvorlage jedoch erst ein weiteres Jahr später an den Verlag, so daß das Werk schließlich 1844 erscheinen konnte.
Erst im Jahr 1849 in Dresden wandte sich Schumann dann erneut der Komposition von Duetten und Terzetten mit Klavierbegleitung zu: Im Mai 1849 entstanden zwei der späteren Drei Lieder für drei Frauenstimmen mit Begleitung des Pianoforte op. 114, doch wurden diese erst später ergänzt und veröffentlicht. Im August und September komponierte er die Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte op. 78, die er bereits im Oktober dem Verlag Luckhardt in Kassel verkaufte, woraufhin sie im März 1850 erschienen.
Ende des Jahres 1849 hatte Schumann auch das Duett Sommerruh WoO 7 für Christian Schads Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1850 komponiert, der Anfang 1850 publiziert wurde.
Im April 1850, knapp ein Jahr nach den späteren Nummern 1 und 3 aus op. 114, entstand das ergänzende Triolett, nachdem Schumann den entsprechenden Text von dessen Dichter erhalten hatte. Erst zwei weitere Jahre später, Ende 1852, bot Schumann das Werk schließlich zunächst vergeblich dem Verlag Heinrichshofen in Magdeburg an, bevor es schließlich im Mai 1853 als letztes der vorgelegten Opera wiederum bei N. Simrock in Bonn erschien.
In der Zwischenzeit hatte Schumann im Mai/Juni 1851 in Düsseldorf die sechs Mädchenlieder von Elisabeth Kulmann für zwei Sopran-Stimmen (oder Sopran und Alt) mit Begleitung des Pianoforte op. 103 komponiert. Die Lektüre der Dichtungen Kulmanns hatte eine ganz besondere Begeisterung in ihm ausgelöst, die neben den Mädchenliedern noch die Sieben Lieder op. 104 für eine Singstimme (siehe deren Edition in RSA VI/6) sowie ein weiteres, heute nicht näher bekanntes Lied (Anhang M12) hervorbrachte. Noch im Juni gingen die Lieder sowie Duette nach Kulmann im Verlag Kistner in Leipzig in den Stich, so daß die Mädchenlieder bereits im September/Oktober des gleichen Jahres erscheinen konnten – nur vier Monate nach Kompositionsbeginn.
Ob sich Schumann mit dem Titel Mädchenlieder auf die gleichnamige Rubrik in Emanuel Geibels Gedichten bezog, der er den Text für sein op. 29/2 entnommen hatte, ist nicht bekannt. Das Kompositum läßt verschiedene Deutungen zu: es können Lieder von oder für Mädchen gemeint sein, dabei Mädchen als Singular oder Plural verwendet. Vermutlich ist der Titel als ‚Lieder eines Mädchens‘ zu verstehen, da die zugrundeliegenden Texte von der in jungen Jahren verstorbenen Elisabeth Kulmann stammen. Die parallel entstandenen Sieben Lieder von Elisabeth Kulmann zur Erinnerung an die Dichterin op. 104 für eine Solostimme mit Begleitung widmete Schumann ausdrücklich dem Andenken eines Mädchens (gemeint ist die Dichterin). Denkbar ist ebenso, daß Schumann bei der Titelgebung Mädchen als Sängerinnen im Sinn hatte, es sich also (zumindest auch) um ‚Lieder für Mädchen‘ handelt. Darauf könnte die Formulierung in seinem Angebot an den Verlag Kistner in Leipzig deuten, in dem er sie als vier ganz leichte „Mädchenlieder“ für zwei Soprane charakterisierte.

Vier der sechs Opera waren offenbar von vornherein in der entsprechenden Zusammenstellung und Reihenfolge konzipiert. Aus den 3 Gedichten op. 29 nach Texten von Geibel waren dagegen zunächst nur die ersten zwei Nummern zur gemeinsamen Publikation vorgesehen und im Verlag, bevor Schumann – wenn auch in enger zeitlicher Nachbarschaft – Zigeunerleben als Ergänzung anbot, das sich auch durch die Besetzung abhebt: es erfordert einen kleinen Chor (Triangel, Tamburin ad. lib.). Auch von den Drei Liedern für drei Frauenstimmen op. 114 entstanden zunächst nur zwei Nummern zusammen, bevor das Triolett knapp ein Jahr später hinzugefügt wurde, in diesem Fall jedoch noch vor dem Angebot an einen Verlag.
Wiederum nur zwei der Opera, die 3  Gedichte op. 29 nach Texten von Geibel sowie die Mädchenlieder von Elisabeth Kulmann op. 103, beruhen auf Vorlagen jeweils eines Dichters bzw. einer Dichterin. In den anderen Opera vereinigte Schumann die Vertonungen von Texten verschiedener Autoren: Robert Reinick, Friedrich Rückert, Wilhelm Gerhards Übertragungen von Gedichten von Robert Burns (je zwei Kompositionen), Anastasius Grün, Siegfried August Mahlmann, Justinus Kerner, Johann Wolfgang von Goethe (nach Friederike Brun), Friedrich Hebbel, Ludwig Bechstein sowie auf eine Zusendung des Dichters hin von Ch. L’Égru (= Pseudonym von Carl Julius Grüel); hinzu kommt Wenn ich ein Vöglein wär’ aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn, das Schumann später auch in seine Oper Genoveva op. 81 aufnahm. Auf eine Anregung durch den Dichter Christian Schad hin entstand Sommerruh WoO 7, das im von Schad herausgegebenen Deutschen Musenalmanach von 1850 erschien – wobei Schumann den Text straffte, stark kürzte und eine eigene Strophe ergänzte; so standen sich im Musenalmanach diese bearbeitete und vertonte Textfassung und das ebenfalls dort abgedruckte Originalgedicht Schads gewissermaßen gegenüber. Bemerkenswerterweise erfreute sich Schumanns Textfassung einer breiten Rezeption.
Wie bei den Liedern für eine Solostimme ist auch die Rezeption und Verbreitung der Duette usw. kaum sicher zu bestimmen. Zwar konnten für viele zumindest einzelne Aufführungen belegt werden. Allerdings beruht eine Reihe dieser Aufführungen auf der Anregung und Beteiligung von Clara Schumann oder Marie Wieck, so daß unklar ist, inwieweit diese einen Hinweis auf die Verbreitung geben können. Wie bei den Liedern für Solostimme – vermutlich sogar in noch größerem Maße – dürfte ihre Rezeption besonders im privaten und halböffentlichen Musizieren etwa in den Salons anzunehmen sein, wofür sich entsprechend wenige Dokumente mit Nennung konkreter Werke finden. Auch über mögliche Nachauflagen und deren Auflagenhöhe ist zu wenig bekannt, um daraus Schlüsse ziehen zu können.

Die Quellenlage der einzelnen Werke erweist sich als sehr unterschiedlich: Von den meisten sind Arbeitsmanuskripte und Stichvorlagen überliefert, die Entstehungsdaten sind in der Regel gut dokumentiert. Der Austausch von Korrekturfahnen ist zwar für alle Opera nachweisbar, diese sind jedoch nicht überliefert. Für op. 78 konnten zwei leicht untereinander und von der Originalausgabe abweichende Vorabdrucke identifiziert werden, deren Status sich aber nicht eindeutig nachvollziehen läßt.
Die Druckausgaben aus den einzelnen Verlagen zeigen sich von unterschiedlicher Herstellungsqualität, sowohl in ihrem Druckbild als auch hinsichtlich ihrer Deutlichkeit und Zuverlässigkeit. Alle Ausgaben zeigen – wenn auch in unterschiedlichem Maße – Uneinheitlichkeiten und Ungenauigkeiten, mitunter Fehler, die durch Quellenvergleich soweit wie möglich geklärt wurden. Problematisch gestalten sich in Details vor allem jene Fälle, in denen die dem Druck zugrundeliegende Stichvorlage nicht greifbar ist. Die jeweiligen Arbeitsmanuskripte können nicht zur Korrektur herangezogen werden, denn sie bilden – bei den Duetten usw. wie auch anderen Werken – häufig lediglich Vorstadien ab, die in später angefertigten Manuskripten weiterentwickelt wurden: Raum dafür boten die Abschriften, die als Stichvorlage verwendet werden sollten.
Die überlieferten Stichvorlagen konnten zum Vergleich mit den Originalausgaben herangezogen und damit zum Erhellen etwaiger fraglicher Stellen verwendet werden. Allerdings ist aufgrund der fehlenden Korrekturfahnen bei Abweichungen zwischen Stichvorlage – v. a. wenn es sich um ein Autograph Schumanns handelt – und Originalausgabe nicht immer eindeutig zu entscheiden, ob es sich um einen von Schumann übersehenen Stichfehler, eine von ihm gebilligte Variante des Stechers oder eine nachträgliche Korrektur des Komponisten handelt. Entsprechende Stellen sind in den Revisionsberichten diskutiert.