Impromtus sur une Romance de Clara Wieck pour le Pianoforte op. 5 (Originalausgabe 1833) – Impromtus über ein Thema von Clara Wieck für das Piano Forte op. 5 (Neue Ausgabe 1850); Anhang: Skizzen und Entwürfe zu Burle/Burlesken Anhang F14, zum Fandango Anhang F15 und zur Fuga 3 a cinque voci Anhang F19/3; Davidsbündlertänze für das Pianoforte op. 6 (Originalausgabe 1838) – Davidsbündlertänze. 18 Characterstücke für das Pianoforte op. 6 (Neuausgabe 1850); herausgegeben von Timo Evers. 2018, 497 S. Mit Faksimile-Beiheft, 29 S.
Der Band enthält zwei größer dimensionierte Klavierwerke Robert Schumanns, deren Werkgeschichte kaum zufällig mit Schumanns künstlerischem Doppelgänger Clara Wieck verbunden ist: Im Falle der 1833 erstmals bei Friedrich Hofmeister in Leipzig erschienenen Impromtus sur une Romance de Clara Wieck pour le Pianoforte op. 5 ist es eine Clara zugeschriebene Romance, die im Kontrapunkt zu einem von Schumann entwickelten Baß mit charakteristisch doppeltem Quintfall den Ausgangspunkt dieses Klavierwerkes bildet. Sind die Impromtus auch nicht Clara selbst, sondern ihrem Vater Friedrich Wieck gewidmet, so hatte Clara ihre ungefähr zur gleichen Zeit herausgekommene Romance variée pour le Piano op. 3 über das gleiche Thema öffentlichkeitswirksam Robert Schumann zugeeignet. Der Gedanke einer nicht nur in den Titelblättern, sondern auch in den Kompositionen vollzogenen künstlerischen Partnerschaft prägt auch noch die 1838 erstmals publizierten Davidsbündlertänze für Pianoforte op. 6, wenn auch auf den ersten Blick weniger eklatant. Die Entstehungsgeschichte dieses Klavierwerkes ist untrennbar mit der Liebesgeschichte des Künstlerpaares verbunden, das trotz des heftigen Einspruchs durch Friedrich Wieck am 12. September 1840 heiraten konnte.
Die Impromtus op. 5 und die Davidsbündlertänze op. 6 liegen jeweils in zwei autorisierten Druckfassungen vor – ein Aspekt, den sie mit drei weiteren Klavierwerken der 1830er Jahre teilen (Kreisleriana op. 16, Neue Ausgabe, wahrscheinlich August 1850; Etudes en forme de Variations pour le Pianoforte op. 13, Edition nouvelle revue par l’auteur, Februar 1852; Grande Sonate pour le Pianoforte op. 14, Deuxième Edition, Juli 1853). Sowohl die Impromtus op. 5 als auch die Davidsbündlertänze op. 6 sind auf recht unterschiedliche Weise in ihren Originalausgaben durch paratextuelle Elemente geprägt, die dem aufmerksamen Musiker Anknüpfungspunkte für Schumanns künstlerische, vor allem in der NZfM formulierte Konzepte bieten. Gerade diese Paratexte hat Schumann im Zuge der von ihm im Jahre 1850 redigierten Neuausgaben dieser Klavierwerke zum Großteil eliminiert: Im Falle der Impromtus op. 5 wurde wohl infolge des zerrütteten Verhältnisses zum Schwiegervater die Widmung an Friedrich Wieck fortgelassen; Claras Romance wurde im Notentext nunmehr nicht als solche, sondern als Thema bezeichnet; im Falle der bei Schuberth & Co in Hamburg ebenfalls 1850 neu herausgekommenen Davidsbündlertänze op. 6 jedoch entfiel nicht nur der auf die künstlerische, aber auch persönliche Verbindung mit Clara anspielende gotische Altar der Titelseite; auch ein Gros des paratextuellen Beiwerks, welches dieses Klavierwerk in den Kontext des zu großen Teilen fiktiven Davidsbundes stellte, strich Schumann 1850 – vom Titel abgesehen – gänzlich. Bezeichnenderweise fügte er dem ursprünglich singulär plazierten Werktitel Davidsbündlertänze nun den Untertitel 16 [recte: 18] Charakterstücke hinzu, womit er in gewisser Weise das Fehlen der ursprünglichen, 1850 jedoch getilgten Chiffren Florestan und Eusebius als Alter Ego Schumanns kompensierte, die je nach Charakter und teilweise in Kombination jedem einzelnen Stück zugeordnet waren.
Bei diesen aus oberflächlicher Perspektive als äußerliche, also scheinbar kaum als werkimmanent zu bezeichnenden Eingriffen ist es nicht geblieben. Im Falle der Impromtus op. 5 strich Schumann für die 1850 wieder bei Hofmeister erschienene Neuausgabe zwei ganze Nummern, komponierte eine neue Variation und änderte in den übrigen Stücken den Tonsatz an zahlreichen Stellen erheblich. Darüber hinaus ließ er die Zählung der einzelnen Nummern nun nicht mehr direkt ab dem ersten Takt beginnen, von dem aus das Baßthema und Claras Romance nach und nach exponiert werden, sondern erst nach diesem Abschnitt – also ab der ersten Variation; auch änderte er die ursprüngliche arabische Zählung mit N.o 1 bis 12 in eine römische mit den Nummern I bis X.
Ebenso wie die 1833 bzw. 1850 herausgegebenen beiden Ausgaben der Impromtus op. 5 müssen die 1838 und 1850 erschienen Drucke der Davidsbündlertänze op. 6 in gleicher Weise als vom Komponisten autorisiert gelten: Von den genannten paratextuellen Streichungen abgesehen, griff Schumann auch hier, wenn auch auf den ersten Blick weniger flagrant, in den Tonsatz, noch mehr jedoch in die Artikulation und Dynamik ein. Wenn diese jüngere Ausgabe auf den Titelblättern auch als Zweite Auflage ausgewiesen ist, so ist sie doch eher als Neuausgabe zu bezeichnen, da die von Schumann vorgenommenen Änderungen doch derart gewichtig sind, daß von einer anderen Werkfassung gesprochen werden sollte.