Studien und Skizzen Bd. 2, herausgegeben von Matthias Wendt unter Mitarbeit von Kazuko Ozawa (=RSA VII, 3, 2)
Das Studienbuch besteht stärker noch als Studienbuch I (siehe RSA VII/3/1, S. 259–262) aus einem weitgehend ungeordneten, nachträglich zusammengebundenen Stoß verschiedener Notenpapiere, die von Schumann schon vor der Bindung beschrieben worden waren und nur sehr grob entsprechend ihres Papierformats und ihres Inhaltes zur Bindung ausgewählt worden sind, was zu verwirrenden Brüchen im Lesefluß, Sprüngen und insgesamt zu einer schwer zu durchschauenden, heterogenen Seitenfolge geführt hat. Insgesamt verwendet Schumann 14 verschiedene Papiersorten, zumeist industriell gefertigte Notenpapiere, vereinzelt aber auch stabiles Schreibpapier, was er dann vermutlich eigenhändig bei Bedarf rastriert hat. Dank der Wasserzeichenanalyse ließen sich mehrere dieser Papiere hinreichend genau unterscheiden,
bei den wasserzeichenlosen industriell gefertigten Notenpapieren half eine Analyse der Rastrierung zur Differenzierung.
Bei aller inhaltlichen Unterschiedlichkeit dieser aus der Zeit zwischen 1829 und 1832 stammenden Notenaufzeichnungen Schumanns fallen zwei größere zusammenhängende Komplexe auf:
a) Aufzeichnungen aus dem Kompositionsunterricht bei Heinrich Dorn, entstanden zwischen Juli 1831 und Frühjahr 1832
b) immer wieder neu ausgearbeitete und weiterentwickelte Entwürfe zu den im April 1832 erschienenen Papillons op. 2.
Gerade die zerstückelte Überlieferung letzterer belegt, daß Schumann die Papiere erst nach ihrer Auswertung hat binden lassen, d. h. in diesem Fall erst nach der Anfertigung der endgültigen Stichvorlage zu op. 2, die etwa im Februar oder März 1832 entstanden sein muß. Studien- und Skizzenbuch III enthält nämlich keine autographe Paginierung, die letzte Schicht der Aufzeichnungen zu op. 2, die bereits als Stichvorlage hätte dienen können, sie enthält sogar schon Metronomzahlen, ist jedoch durch die Bindung dermaßen verstreut und zusammenhanglos geworden, daß eine Abschrift davon ohne Querverweise mit Hilfe von Seitenzahlen fast unmöglich gewesen wäre (vgl. auch den Abschnitt zur Paginierung von Studien- und Skizzenbuch I, RSA VII/3/1, S. 260). Auch die Aufzeichnungen zum Kompositionsunterricht und zum Selbststudium finden sich im ganzen Band verstreut (eine Fugenübung beginnt bspw. auf p. III/56, um dann erst auf p. III/100 fortgesetzt zu werden, was natürlich Resultat der völlig willkürlichen Bindung ist), dürften also ebenfalls Indiz dafür sein, daß die Bindung erst nach dem Ende des Kompositionsstudiums, also nach Frühjahr oder Frühling 1832 erfolgt ist.
Eine alte, heute ausradierte Notiz auf dem Vorsatzblatt, zeigt, daß der ursprüngliche Bestand des Buches noch umfangreicher gewesen sein muß als heute überliefert: Nach [S.] 31 Verwandlung v. E. Schulze. Auch Helmuth Hopf erwähnt noch 1957 in seiner Dissertation etwas ungenau: Dazwischen geheftet erscheint ein Lied „Verwandlung“ nach Worten von E. Schulze (1799–1837), mit dem Untertitel „Lied für +++ von R. Schumann“. Die Komposition stammt aus dem Jahr 1827, ist also mit dem C-dur Walzer [siehe p. III/7] die früheste musikalische Äußerung Schumanns. Nirgends verrät sich die Sprache eines kommenden Meisters.
Eingebunden war demnach das heute gleichfalls in der ULB Bonn (Sign.: Schumann 11) aufbewahrte Manuskript der beiden Jugendlieder Verwandlung (Ernst Schulze) und Lied für XXX (von Schumann selbst gedichtet) Anhang M1. Da das Manuskript der beiden Lieder schon 1974 im Auktionskatalog des Musikantiquariats Hans Schneider als separates Objekt angeboten worden ist, dürfte es vor Beginn der Auktion herausgetrennt worden sein. Die vermutlich von 1827 stammenden zwei Lieder wären damit nicht nur die einzigen Lieder, sondern auch die frühesten zum ursprünglichen Bestand des Studien- und Skizzenbuches gehörenden Manuskripte, was wiederum zeigt, wie überaus heterogen und ungeordnet Studienbuch III angelegt ist.