Werke für Pedalflügel oder Orgel

Studien für den Pedal-Flügel op. 56, Skizzen für den Pedal-Flügel op. 56, Sechs Fugen über den Namen BACH für Orgel oder Pianoforte mit Pedal op. 60. Herausgegeben von Arnfried Edler (= RSA III, 3)

Zu den relevanten, wenn auch nicht zentralen Bestandteilen des heute verbreiteten Repertoires von Musik für Tasteninstrumente des 19. Jahrhunderts gehören drei Werke von Robert Schumann, die im Jahr 1845 für ein Klavier mit Pedal bzw. für Orgel komponiert wurden: die sechs „Studien“ op. 56, die vier „Skizzen“ op. 58 und die sechs „Fugen über den Namen BACH“ op. 60. Als nach mehr als einem halben Jahrhundert weitgehender Abstinenz um 1970 das Interesse an der Orgelmusik des 19. Jahrhunderts wieder erwachte, waren die direkten Aufführungstraditionen großenteils abgerissen: nach den exorbitanten Kriegsverlusten sorgte die Orgelbewegung dafür, dass viele der noch verbliebenen Instrumente des 19. Jahrhunderts beseitigt, nach neobarocken Prinzipien umgebaut bzw. durch neue, an neobarocken Prinzipien orientierte Instrumente ersetzt wurden. Noch weniger wusste man mit dem Pedalflügel anzufangen: während der bedeutende Bachforscher Philipp Spitta Schumann noch in seiner biographischen Studie von 1882 nicht einen „schulmäßigen“, wohl aber einen „großen Kontrapunktiker“ nannte, meinte man in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg in diesen Kompositionen den „Ermüdungsprozeß der Schumannschen Schöpferkräfte“ (Werner Korte, „Robert Schumann“, Potsdam 1937, S. 99) auszumachen. Solche Einstellungen verhinderten weitgehend auch in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ein ernsthaftes Bemühen um die Wiedergewinnung dieser Werke.
 
Als solistische Kompositionen für Tasteninstrumente sind sie die ersten, die Schumann nach Abschluss der Leipziger Klavierperiode schrieb, und sie zeigen unübersehbar das Bemühen, auf keinen Fall die damals beendete Schaffensphase weiterzuführen. Sie standen im Zeichen eines grundlegenden kompositorischen Neubeginns, den Schumann nach dem krisenhaften Einschnitt des Jahres 1844 unternahm und der eine fundamentale Kritik seiner bisherigen Schaffensweise implizierte. Seine frühere Art, „fast Alles, das kleinste meiner Stücke in Inspiration […], vieles in unglaublicher Schnelligkeit“ zu schreiben, verfiel dem selbstkritischen Verdikt eines unkontrollierten und allzu wenig verantwortungsbewußten Musizierens. Vom „subjektiven Clavier“ loszukommen und „alles im Kopf zu erfinden und auszuarbeiten“, darauf war von nun an sein Streben hauptsächlich gerichtet. Entsprechend dieser Tendenz, die musikalische Idee nicht improvisierend, sondern notierend zu finden, ist die Quellenlage: eine, wenn auch nicht komplett erhaltene Manuskriptfolge von Entwurf – Kopistenvorlage – Stichvorlage – Originalausgabe. Die Neuausgabe aller drei Opera beruht auf den Originalausgaben als Hauptquellen, denen die Stichvorlagen und Autographen (soweit erhalten) als Vergleichgsquellen zugeordnet worden sind. Das sehr umfangreiche Faksimile-Beiheft dokumentiert die Lesarten aller relevanten handschriftlichen Quellen.
 
Tbl.56-klein
op. 56, Titelseite der Originalausgabe, Handexemplar Schumanns
Robert-Schumann-Haus Zwickau; Archiv-Nr.: 4501—D1/D4, Bd. 9