Brautbuch

Brautbuch Anhang R11, herausgegeben von Bernhard R. Appel, Bonn, unter Mitarbeit von Susanna Kosmale, Zwickau (= RSA VII,3,3,2)

Unter den überlieferten Notiz- und Studienbüchern Schumanns nimmt das sogenannte Brautbuch aus mehreren Gründen eine Sonderstellung ein. Schumann selbst legte es in zwei Teilen an. Dem Textteil folgt ein mit handrastrierten Notenlinien versehener Teil, in dem Musiknotate niedergelegt sind. Die Bezeichnung Brautbuch geht auf einen von fremder Hand stammenden Vermerk auf der Innenseite des vorderen Einbanddeckels zurück.

Ein äußerer Anlaß für die Anlage des Brautbuchs war wohl Schumanns Reise nach Wien (27. September 1838 bis 8. April 1839). Wurden die verbalen Eintragungen im Brautbuch von Schumann mutmaßlich großenteils in Wien vorgenommen, so können von den insgesamt 23 Musiknotaten, die den Zeitraum von Juli 1837 bis 20. Oktober 1839 umfassen, nur drei während des etwa halbjährigen Wienaufenthalts entstanden sein, die übrigen Musikaufzeichnungen vor und nach dem Wienaufenthalt in Leipzig. Nur zehn der insgesamt 23 Entwurfsabschriften gingen später in gedruckten Werken auf.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt ging das Brautbuch in Clara Schumanns Besitz über und wurde dann vorerst nur von ihr selbst genutzt. Für den Besitzerwechsel liefert Schumanns letztes musikalisches Notat vom 20. Oktober 1839 ein Datum post quem und die Eheschließung am 12. September 1840 möglicherweise das Datum ante quem. Claras wohl ab Herbst 1840 vorgenommene Eintragungen beziehen sich auf Ereignisse aus dem Zeitraum zwischen 14./15. August 1838 und 25. Juli 1854.

Mit dem Besitzerwechsel ist ein Funktionswandel des Brautbuchs verbunden: Zunächst folgte Clara dem im Textteil vorgegebenen Erinnerungskonzept eines Brautbuchs, indem sie als Ehefrau rückblickend einige herausragende Ereignisse aus der Brautzeit stichwortartig ergänzte. Dabei war sie bemüht, diese Ergänzungen chronologisch passend zwischen den Eintragungen Robert Schumanns zu platzieren. Schließlich geriet das Brautbuch zu einer Art Ehealbum, in dem – beginnend mit der Hochzeit (12. September 1840) – einige Erlebnisse aus dem gemeinsamen Leben als Paar von Clara – und stets nur von ihr – aufgezeichnet wurden.

Die erstmals vorgelegte vollständige Publikation von Robert Schumanns Brautbuch überschreitet den üblichen Rahmen historisch-kritischer Musiker-Ausgaben in mehrfacher Hinsicht: Zum einen handelt es sich um ein Doppeldokument: Im ersten Teil des Brautbuchs ist nicht nur Robert Schumann, sondern auch seine Frau Clara präsent. Zum andern beinhaltet es sowohl biographische als auch kompositorische Aufzeichnungen. Letztere stammen allerdings ausschließlich von Robert Schumann. Und drittens enthält bzw. enthielt das Brautbuch auch Objekte, z. B. gepresste Pflanzen, dingliche Erinnerungsstücke sowie schriftliche Einlagen, die es zu dokumentieren galt. Alle beschriebenen und für Objekteinlagen genutzten Seiten wurden in der Edition vollständig faksimiliert, wobei Transkriptionen verbaler und musikalischer Texte den Fotoreproduktionen gegenüberstehen. Heute vom Brautbuch getrennt überlieferte Bestandteile sind in einem Anhang faksimiliert und ediert.

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Der Band wurde 2012 mit dem Deutschen Musikeditionspreis des Deutschen Musikverleger-Verbandes e.V. (DMV) ausgezeichnet. „Begründung der Jury: Eine gerade für das musikalische Wirken wichtige private Beziehung des prominenten Paares wird hier wissenschaftlich aufbereitet und von einem profunden Schumann-Kenner kommentiert. Zu loben ist auch die sehr gute Qualität der Abbildungen und die schöne Gegenüberstellung der Übertragungen.“ (Pressemitteilung des DMV)

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