Studien und Skizzen Bd. 1, herausgegeben von Matthias Wendt (=RSA VII, 3, 1)
Der Band enthält Schumanns Studien- und Skizzenbücher I und II. Studienbuch I besteht im Kern aus einem weitgehend ungeordneten, nachträglich zusammengebundenen Stoß verschiedener Notenpapiere, die zumindest zu großen Teilen von Schumann schon vor der Bindung beschrieben worden waren und nur sehr grob entsprechend ihrem Papierformat zur Bindung ausgewählt worden sind, was zu verwirrenden Brüchen im Lesefluss, Sprüngen und insgesamt zu einer schwer zu durchschauenden, heterogenen Seitenfolge geführt hat.
Unter allen bekannten frühen Skizzensammlungen Schumanns enthält Studienbuch I als einzige eine fortlaufende autographe Paginierung, was, wenn schon nicht auf einen kontinuierlichen Ablauf der Entstehung, so doch auf eine fest begrenzte Entstehungszeit schließen lassen könnte. Wann diese Seitenzählung definitiv entstanden ist, wissen wir nicht. Man kann jedoch feststellen, dass sie in einem Arbeitsgang durchgehend niedergeschrieben worden sein muss. Die Sammlung enthielt ursprünglich 108 Seiten, von denen heute die Seiten 27–28 verschollen sind, die Seiten 101–102 wurde später herausgeschnitten; glücklicherweise befindet sich dieses Blatt heute im Robert-Schumann-Haus Zwickau, so dass es in die Edition des Skizzenbuches integriert werden konnte. Wer dieses Blatt entfernt hat, ist unklar.
Die im Vergleich zu den übrigen Studienbüchern relativ häufig vorhandenen autographen Datierungen reichen in diesem Band vom 17. Mai 183l bis zum 21. April 1832. Merkwürdigerweise befinden sie sich ausschließlich bei Aufzeichnungen von Klavierübungen, insbesondere bei einer von Schumann mitÜbungstagebuch überschriebenen vierseitigen Sammlung „schwieriger Stellen“ aus Klavierkompositionen verschiedener Komponisten. Dieser insgesamt vom 30. Mai 1831 bis 6. April 1832 datierte Komplex deckt sich zeitlich ziemlich genau mit dem letzten Versuch Schumanns, doch noch die Virtuosenlaufbahn einzuschlagen. Die fortlaufend numerierten Übungen sind auf einem separat gehefteten Bogen notiert, was für die Datierung nicht ohne Belang ist.
Neben dieser, für die ersten drei Studienbücher Schumanns ungewöhnlich langen zusammenhängenden Aufzeichnung, existieren in Studienbuch I noch drei weitere von ähnlichem Umfang. Zwei davon betreffen jeweils den ersten Satz des Fragment gebliebenen F-Dur-Klavierkonzerts Anhang B3 (in der vorliegenden Gestalt kaum nach 1831 entstanden). Der dritte, ursprünglich zusammengehörige, aber durch übereilte Heftung heute zusammenhanglos zerstückelte Komplex besteht aus transponierten Abschriften aus der Klavierschule von J. N. Hummel. Schumann muss das Material für Studien- und Skizzenbuch I in großer Eile unter dem Aspekt pianistischer Schulung aus einer wohl erheblich größeren Menge vorhandener Aufzeichnungen ausgesondert und in dieser zufälligen Aneinanderreihung binden lassen haben. Die Heftung selbst dürfte spätestens Anfang 1832 erfolgt sein.
Studien- und Skizzenbuch II ist völlig anders strukturiert als Studienbuch I. Es wurde fortlaufend beschrieben, es enthält keine pianistischen oder satztechnischen Übungen, aber es finden sich auch keine Skizzen oder Entwürfe im eigentlichen Sinne, d.h. in erster Niederschrift. Das Buch stellt vielmehr eine Art Katalog bereits früher entstandener, noch zu verwertender kompositorischer Einfälle dar, die Schumann aus verschiedenen, heute verschollenen Skizzenblättern zusammengetragen haben muss. Die meisten dieser Themen und Fragmente sind mehr oder weniger genau datiert. Nur ein kleiner Teil des verzeichneten Bestandes lässt sich heute noch in anderen Quellen nachweisen, dort dann aber meist ohne Datumsangabe. Man muss daher vermuten, dass Schumann die datierten Vorläuferquellen nach der Niederschrift des in seinen Augen noch verwertbaren in Studienbuch II bewusst vernichtet hat.
Wie die gleichmäßige Nummerierung der einzelnen Notate mit roter Tinte und die auf den ersten Seiten anscheinend ebenfalls in einem Arbeitsgang geschriebenen Datierungen zeigen, dürften die Niederschriften in Studien- und Skizzenbuch II frühestens im Juli 1833 begonnen worden sein.