Serie VII / Werkgruppe 3 / Band 5: Studien zur Kontrapunktlehre, herausgegeben von Hellmut Federhofer und Gerd Nauhaus
Der vorliegende Band der Neuen Schumann-Gesamtausgabe beinhaltet wesentliche Dokumente für Schumanns Aneignung, Verwandlung und Weitergabe musiktheoretischen Wissens und Könnens. Die Beschäftigung des Komponisten mit dem Kontrapunkt beginnt während seiner „Lehrzeit“ in den Jahren 1831/32 bei Heinrich Dorn (1804-1892) und findet ihren ersten Niederschlag in seinen Studienbüchern. In der Folgezeit nimmt Schumann F.W. Marpurgs Abhandlung von der Fuge vor, die er, neben Bachs Wohltemperiertem Klavier, abermals – wenn auch mit Unlust – im Herbst 1837 in Teilen studiert. Dieses Selbststudium wird in künstlerisch verwandelter Form reflektiert in dem heute im Robert-Schumann-Haus Zwickau aufbewahrten Heft Fugengeschichten (November 1837), aus dem bereits W. Boetticher Exzerpte mitgeteilt hat und dessen vollständige Veröffentlichung ebenfalls im Rahmen der Robert-Schumann-Gesamtausgabe (Serie VII, Werkgruppe 3, Bd. 6) erfolgen wird.
Eine ganz eigentümliche Art der Rezeption erfährt Schumanns in Dresden zwischen April und November 1845 teils gemeinsam mit Clara betriebenes Studium von Luigi Cherubinis Cours de contrepoint et de fugue. Da der Komponist wenige Jahre danach selbst zum Lehrer geworden ist – sein Schüler ist der aus Estland stammende, später an Richard Wagner attachierte Karl Ritter (1830-1891) -, verfaßt er ein eigenes knapp gehaltenes und auf Cherubini fußendes Lehrbuch des Kontrapunkts und der Fuge. Da sowohl Schumanns Handexemplar von Cherubinis Werk als auch das Manuskript seines eigenen Lehrbuchs, das von ihm nicht der Veröffentlichung für wert befunden wurde, erhalten geblieben sind, sollen sie als Zeugnisse seines Verständnisses der Satz- und Kompositionstechnik hier erstmals veröffentlicht und wissenschaftlich kommentiert werden. Darüber hinaus soll dem interessierten Leser der Einblick in den vollständigen Text von Cherubinis Werk ermöglicht werden, dessen letzte deutschsprachige Ausgabe immerhin 90 Jahre zurückliegt.
Somit erfolgt zunächst die vollständige Faksimilewiedergabe des Lehrwerkes von Cherubini nach Schumanns eigenem Exemplar, das sich heute in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz befindet. Die von Schumann darin angebrachten Marginalien und Korrekturen werden in Fußnoten transkribiert, die durch Asterisk [*)] an der entsprechenden Textstelle angezeigt und nötigenfalls mit Verweisen auf den Anmerkungsteil des Bandes versehen sind.
Anschließend wird das Schumannsche Lehrbuch im Faksimile und in seitenweise gegenüber gestellter Transkription dargeboten. Die letztere ist nach Möglichkeit diplomatisch getreu angelegt; wo textkritische Erläuterungen notwendig sind, erfolgen diese durch mittels Asterisk [*)] im Text angezeigte Fußnoten. Erläuterungen zum Inhalt des Lehrbuchs, zu dessen Relation zu Cherubinis Lehrwerk oder zu den Marginalien Schumanns in seinem Cherubini-Handexemplar finden sich in einem besonderen Anmerkungsteil.